Die Tribute von Panem X: Das Lied von Vogel und Schlange

***Spoiler ahaed!***

In den letzten Tagen bot sich die Gelegenheit für ein längeres Hörbuch und ich habe „Die Tribute von Panem X: Das Lied von Feuer und Schlange gehört.

Ehrgeiz treibt ihn an. Rivalität beflügelt ihn. Aber Macht hat ihre Preis. Es ist der Morgen der Ernte der zehnten Hungerspiele. Im Kapitol macht sich der 18-jährige Coriolanus Snow bereit, als Mentor bei den Hungerspielen zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Die einst mächtige Familie Snow durchlebt schwere Zeiten und ihr Schicksal hängt davon ab, ob es Coriolanus gelingt, seine Konkurrenten zu übertrumpfen und auszustechen und Mentor des siegreichen Tributs zu werden.

Der Titel vereint dabei wieder alles, was mich an deutschen Verlagen nervt. Statt den englischen Titel „The Ballad of Songbirds and Snakes“ einfach zu übersetzen oder gar beizubehalten, wird absoluter Unsinn begangen. Denn der Titel ist eine Mischung aus der Serie „Die Tribute von Panem“. Dazu dann die in dem Buch gespielten 10. Hunger – Games (10=X) und dann noch aus Ballade Lied machen. Wer sich den Titel ausgedacht hat, gehört mit Erbsensuppe nicht unter zwei Tellern bestraft. Der billigen. Aus der Dose.

Aber kommen wir zu dem Buch. Ich nehm mal die Enttäuschung vorweg:

Es ist nicht die Vorgeschichte zu der Trilogie. Vielmehr ist es der Beginn einer Reihe (Trilogie), die die Vorgeschichte erzählen soll. Ich war reichlich überrascht, weil mir das nicht klar war und auf ein Mal war das Buch zu Ende (bei Papier merkt man das, bei einem guten Hörbuch nicht).

Zweites Problem: Es mag der Zielgruppe geschuldet sein, aber die Wendungen und „Plottwists“ sind absolut vorhersehbar. Was die Protagonisten in eine unfreiwillig komische Lage bringt: Egal wie dumm sie sich verhalten, man weiß: Der nächste Dreh im Plot ist nur eine Seite weit entfernt.

Kommen wir nun zu dem Guten:

Das Hörbuch (im englischen) wird von Santino Fontana gelesen. Das ist durchaus hörenswert. Das Deutsche liest Uve Teschner, auch kein Unbekannter. Und eigentlich ist die Story auch gar nicht dumm:

Natürlich ist es immer schwer, ein „Prequel“ zu schreiben. Bei der ursprünglichen Trilogie konnten wesentliche Dinge, vor allem die Frage „wie kam es dazu“ weitestgehend ausgelassen werden. Das mit Leben zu füllen ist nicht einfach. Hier geht die Autorin einen interessanten Weg: Um nicht zu viel erklären zu müssen, beginnt die Vorgeschichte nicht am Anfang, sondern in der Mitte. Das klingt merkwürdig, weil das ja schon bei „The Hunger Games“ so war. Tatsächlich aber wissen wir ja, dass bei den zehnten Hunger-Games der „Krieg“ mindestens 10 Jahre her sein muss.

Natürlich baut sie von Zeit zu Zeit etwas ein, um zu erklären wie es hätte dazu kommen können, dass das Capitol und die Distrikte in den Krieg geraten und was es letztlich mit den Hunger-Games auf sich hat. Sie macht das vor allem im Kontext des Protagonisten Coriolanus Snow. Denn Ziel des Buches (und der noch folgenden Bücher) ist es, den Werdegang des späteren Präsidenten Snow zu skizzieren.

Und genau hier geraten wir in eine Schwierigkeit: Wie zeichnet man einen Charakter, der so sympatisch und wenig abstoßend sein muss, dass man die Prequel-Reihe lesen will – während genau dieser Charakter ja dann zum Antagonisten späterer Bücher wird. Der Ansatz von Collins ist es, die Familie Snow als „Leidtragende“ des Krieges zu porträtieren. Der Sohn und spätere Präsident ist dabei hin und her gerissen in einem Konflikt aus Emotion, Gewissen und Pflichtschuldigkeit gegenüber dem Capitol.

Was man Collins allerdings böse nehmen muss, sind die Nebencharaktere. Der Schulleiter, ehemaliger Freund und spätere Feind von Snows Vater. Die Chef-Spiele-Entwicklerin die eher wie eine schlecht gelungene Cruella De Vil wirkt. Die „Lösungen“ für Probleme. Wie zum Beispiel lösen wir das Problem, dass die Familie Snow verarmt ist, dabei ist ihre Bleibe zu verlieren und man ja auch Kohle für die Politik braucht? Richtig, man lässt den Protagonisten schuld-unschuldig am Tod seines besten Freundes werden, der zufällig aus einer steinreichen Familie kommen, die dann zufällig unseren Protagonisten am Ende des Buches adoptiert. Ja sag mal, geht’s noch?

Und natürlich ist am Ende der Schulleiter nicht so schlimm, Cruella hat nur das Beste im Sinn und es ist auch überhaupt nicht merkwürdig, dass Coriolanus wegen seiner großen Liebe durchbrennen will, nur um sie wenige Minuten später umbringen zu wollen, von ihr mit einem Schlangenbiss daran gehindert wird, wobei die Schlange gar nicht giftig war und überhaupt verschwindet seine Perle dann einfach aus der Geschichte. Vermutlich um in einem späteren Teil als Nemesis zurück zu kehren.

An dieser Stelle stelle ich fest, dass ich bei dem Versuch etwas Gutes zu schreiben, wieder in etwas Negatives abgeglitten bin. Das beschreibt aber sehr gut meinen Eindruck des Buches. Ein ständiges: „Jetzt aber! Ja bitte!“ wird wiederholt zu „Ach nö, das meint die doch nicht ernst!“

Ich bin nachhaltig von dem Buch irritiert. Und werde jetzt erst mal eine Nacht darüber schlafen, bevor der Artikel morgen online geht. Wenn das hier so steht, hat auch das Schlafe nichts gebracht und mein Fazit lautet:

Gute Idee, netter Ansatz, völlig versaut.

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