Flachland
(English Version: Goodreads)
Als ich das Buch „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ gelesen/gehört habe, wurde darin die Geschichte „Flachland„
erwähnt.
Dieses Buch ist ein Klassiker der Science-fiction-Literatur. Ein altes Quadrat erzählt uns vom Leben im Flächenland und seinen Ausflügen in das Raumland und das Linienland. Dabei erfahren wir nicht nur Interessantes über andere Dimensionen, sondern auch über Auswirkungen riskanten Denkens in einer Welt, in der das Mögliche mehr Rechte hat als das Wirkliche. Edwin A. Abbott hat diesen Roman 1884 das erste mal veröffentlicht. Er läßt seine Geschichte 115 Jahre später spielen, sie beginnt am vorletzten Tag des Jahres 1999.
Wenn ein Quadrat zum Philosophen wird, darf man sich auf einige Kopfschmerzen gefasst machen – und auf eine brillante Satire obendrein.
Abbott schickt uns in Flachland in eine Welt, die so flach ist, dass man sie auf einem Stück Papier nachzeichnen könnte – und genau das ist der Punkt: eine Gesellschaft aus Linien und Vielecken, in der die Anzahl der Ecken über Rang und Würde entscheidet. Frauen sind nur dünne Linien (gefährlich scharf, versteht sich), Dreiecke müssen sich mühsam emporarbeiten, und die aristokratischen Vielecke genießen ihre vollkommene Rundheit – fast kugelrund, fast göttlich.
Diese Absurdität ist kein Zufall, sondern Methode. Abbott, Theologe und Pädagoge im viktorianischen England, seziert mit geometrischer Präzision die Engstirnigkeit seiner Zeit. Sein Flächenheld, das Quadrat, erfährt durch die Begegnung mit einem Wesen aus dem „Raumland“ eine Art metaphysische Erleuchtung: Es erkennt, dass es mehr Dimensionen geben muss, als die eigene Wahrnehmung zulässt. Nur – wie erklärt man einem Punkt, dass es eine Linie gibt? Oder einem Quadrat, dass es Tiefe gibt?
Die daraus entstehende Spannung zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit ist das eigentliche Herzstück des Romans. Was in der Geometrie beginnt, wird schnell zu einer bitteren Parabel über Erkenntnisgrenzen und die Starrheit sozialer Ordnungen. Denn wer mehr sieht als erlaubt, wird nicht geehrt – sondern inhaftiert. In Flachland ist Erkenntnis ein Verbrechen, und Abweichung wird nicht geduldet.
Abbott treibt die Absurdität so weit, dass man als Leser ständig zwischen Lachen und Unbehagen schwankt. Die Hierarchien der Formen wirken grotesk, aber sie spiegeln nur allzu menschliche Mechanismen: Vorurteile, Machtmissbrauch, Ignoranz. Dass die Bewohner von Flachland ein Wesen aus der dritten Dimension für verrückt erklären, ist da kaum überraschend – immerhin bedroht jede neue Dimension die bestehende Ordnung.
Flachland ist also kein mathematischer Spaß für Nerds, sondern eine fein geschliffene Gesellschaftssatire. In der simplen Geometrie steckt ein subversiver Witz: Die größte Revolution entsteht, wenn man seine Perspektive ändert.
Fazit: Kaufen
. Lesen.
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