Scythe (Volume 1)

Vor ein paar Wochen las ich in einem Buchblog über „Scythe“ von Neal Shusterman und in der folgenden Diskussion hatte überlegt, es mir mal anzusehen. Zumal ich von dem Autor ja schon „Dry“ gelesen hatte – übrigens auch nach Hinweis von Mel. Und wie so oft ist der englische Klappentext der wesentlich bessere, weil passendere(*):

Two teens must learn the “art of killing” in this Printz Honor–winning book, the first in a chilling new series from Neal Shusterman, author of the New York Times bestselling Unwind dystology.

A world with no hunger, no disease, no war, no misery: humanity has conquered all those things, and has even conquered death. Now Scythes are the only ones who can end life—and they are commanded to do so, in order to keep the size of the population under control.

Citra and Rowan are chosen to apprentice to a scythe—a role that neither wants. These teens must master the “art” of taking life, knowing that the consequence of failure could mean losing their own.

Scythe is the first novel of a thrilling new series by National Book Award–winning author Neal Shusterman in which Citra and Rowan learn that a perfect world comes only with a heavy price.

Das Buch ist spannend – aber nicht wegen seiner Geschichte. Die ist sogar, soviel sei verraten, von der ersten bis zur letzten Silbe durchschaubar. Keiner der Plot-twists funktioniert richtig, weil der Autor offensichtlich kein Geheimnis für sich behalten kann 😉

Was das Buch spannend macht, ist folgendes:
Der Autor möchte ein Buch schreiben, in dem er eine utopische und „perfekte“ Welt schafft. Das gelingt ihm nicht, weil er sich schlicht übernimmt. Das macht sich nicht nur in den Widersprüchen sichtbar, die auftreten wenn Beispielsweise die alles regierende Künstliche Intelligenz zwar jederzeit alle Bedürfnisse aller Menschen antizipiert und befriedigt, es zur gleichen Zeit aber ein eher „normales“ Berufsleben gibt. Auch der Versuch zu erklären, dass es dank der K.I. keine Regierungen mehr bräuchte und zu gleicher Zeit eine „Schattenregierung“ einzuführen, ist eher seltsam.

Tatsächlich scheitert das Buch auch an seinem eigenen Anspruch. Das offensichtliche Ziel des Autors ist ja eine Utopie zu schaffen, die in sich zusammen fällt und eine Dystopie wird. Dabei sei ihm auch nachgesehen, dass er sich gerne und umfangreich im Star-Wars-Universum bedient. Denn die Idee, eine dunkle Seite der Macht zu etablieren, die den jungen Jedi, Entschuldigung Scythe, zu verführen droht, mag ja noch fast putzig anmuten. Die fast schon amüsante „Trage die Robe des Jedi-Meistes“-Analogie wird dann durch bunte Farben und Edelsteine schon wieder ihrer Ernsthaftigkeit beraubt.

Und auch die Storyline selbst ist nicht konsistent. Sie ist einfach gehalten, um verschiedene (Liebes-)Beziehungen einbauen zu können und einem jungen Publikum zu gefallen. Genau hier sehe ich aber ein Problem mit den Leser*innen, die nach den Tributen von Panem oder der Maze-Runner-Serie eben keine seichte „Lovestory wider Willen“, sondern tiefe Beziehungen und ernste Gesellschaftskritik vertragen können und vielleicht auch erwarten. Das versucht der Autor auch, das Problem ist: Er ist zu unkreativ (das ich das mal sage!) und tauscht bestehende Elemente der Gesellschaft gegen fiktionale Elemente ein – die im Kern aber eben genau so sind, wie das Original. Das gesamte „neue Gesellschaftskonstrukt“ funktioniert nicht – weil es nicht neu ist.

Ich weiß nicht ob ich die Reihe weiter verfolgen werde. Es mag für Scythe ein Publikum geben und vielleicht bin ich dem einfach entwachsen. Aber Dry machte wenigstens Spaß zu lesen, während ich bei Scythe überwiegend damit beschäftigt war zu hinterfragen, warum der Autor dies macht und jenes nicht, warum er hier etwas anspricht und dort nicht verfolgt. Möglicherweise gewinnt die Serie im Verlauf an Tiefe und vielleicht wäre am Ende eine Welt geschaffen, die mich in ihren Bann zieht.

Stand heute ist das (leider) nicht so.

*) Wieso sind deutsche Klappentexte in jüngster Zeit eigentlich so grottig schlecht geworden? Oder war das schon immer so, es ist mir nur nie aufgefallen, bevor ich angefangen habe, sie für Blogbeiträge zu lesen?
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